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Schlussfolgerungen zu Basel II

Das für den Mai 2003 geplante dritte Konsultationspapier wird der endgültigen Baseler Regelung schon sehr nahe kommen, auch wenn in der sich anschließenden dreimonatigen Konsultationsphase noch Änderungsvorschläge gemacht werden können. Die Endfassung des neuen Akkords soll schließlich im Oktober 2003 veröffentlicht werden. Für Anfang 2004 wird der Richtlinienentwurf der EU-Kommission erwartet, anhand dessen die Umsetzung in europäisches Recht angestrebt wird. Im Januar 2006 soll für IRB-Banken die einjährige Übergangsphase beginnen, während der schon nach den neuen Regeln gerechnet wird, auch wenn die tatsächliche Eigenkapitalunterlegung noch nach dem alten Akkord erfolgt. Zu Beginn 2007 soll Basel II dann in Kraft treten.

Änderungen der derzeitigen Vorschläge sind am ehesten im Bereich der Feinsteuerung der Baseler IRB-Formeln zu erwarten, Präzisierungen bei den verschiedenen Sonderregeln (wie Partial Use oder den Ausnahmeregeln zugunsten von Hypothekarkrediten) und bei der Ausgestaltung der „National Discretion“ durch die nationalen Bankenaufseher. Eine endgültige Beurteilung der Baseler Regelungen ist daher derzeit noch nicht möglich. Es ist aber absehbar, dass sich die unmittelbaren Auswirkungen für den Großteil der kreditsuchenden Unternehmen in einem akzeptablen Rahmen bewegen werden (während die Folgen der sich abzeichnenden neuen „Ratingkultur“ wohl kaum hoch genug eingeschätzt werden können). Etwas kritischer müssen die recht restriktiven Vorschläge zur Behandlung von Eigenkapitalfinanzierungen gesehen werden. Hier könnte eine Retailregelung analog zur Vorgehensweise bei Unternehmenskrediten hilfreich sein.

Letztlich werden sich die Auswirkungen von Basel II aber erst auf lange Sicht zeigen, denn diese hängen nicht nur von den Regelungen selbst ab, sondern insbesondere auch von den Anpassungsreaktionen der Beteiligten. Wie werden die nationalen Bankenaufseher mit den Regeln umgehen? Wie werden die Banken ihre Risikosteuerung ausgestalten, und für welchen der Baseler Ansätze werden sie sich entscheiden? Hier ist davon auszugehen, dass sich interne Ratingverfahren (und mit ihnen der Baseler IRB-Ansatz) auf Dauer durchsetzen werden, denn eine möglichst genaue Risikomessung und Portfoliostrukturierung liegt im unmittelbaren Bankeninteresse. Aus diesem Grund wäre es auch falsch, den Trend zu größerer Risikosensitivität der Kapitalmärkte (differenziertere Risikoprämien) alleine auf Basel II zurückzuführen – ein zunehmendes Risikobewusstsein von Banken und Anlegern sowie fortschrittlichere Risikomessmethoden haben diese Tendenz schon vor einiger Zeit angestoßen.

Diese Entwicklung wird auch für die Unternehmen von großer Bedeutung sein, denn deren Bonität wird sich in Zukunft noch stärker auf ihre Finanzierungskonditionen auswirken. Hierfür wird es nicht nur erforderlich sein, akzeptable Bilanzzahlen (welche eigentlich nur eine vergangenheitsorientierte Beurteilung eines Unternehmens zulassen) vorzulegen und z.B. die Eigenkapitalquote zu erhöhen. Insbesondere wird auch das unternehmerische Konzept für die Zukunft stimmen müssen – die strategische Ausrichtung, das Controlling und Perspektiven für anstehende Nachfolgefragen spielen hier eine Rolle. In einigen Fällen wird es für Unternehmer sinnvoll sein, sich neuen Eigenkapitalgebern zu öffnen und diesen dann auch die Möglichkeit der Partizipation an der Unternehmenssteuerung zu geben.

Nicht zuletzt kann die Unternehmensförderung wie die der KfW dazu beitragen, den Übergang zu Basel II für (mittelständische) Unternehmen abzufedern. Die Förderung der Kreditfinanzierung wird hierbei weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Dabei wird in Zukunft noch stärker als bereits in der Vergangenheit Wert auf Marktkonformität (das heißt auch: risikogerechte Konditionen) und schlanke Bearbeitungsprozesse (Automatisierung und Standardisierung) gelegt werden. Auch wird die von der KfW für Deutschland angeschobene Verbriefung von Mittelstandskrediten die Gewährung von Krediten an kmU für Banken attraktiver machen, weil so die Banken Kreditrisiken nicht unbedingt in ihren Büchern belassen müssen, sondern sie am Kapitalmarkt platzieren können. Immer wichtiger wird in Zukunft auch die Förderung von Unternehmensbeteiligungen sein. Hierdurch soll die Verbesserung der Eigenkapitalquoten bei Mittelständler unterstützt werden.

Fachkreisen wird heute bereits von Basel III gesprochen. Als Fernziel gilt es, den Banken selbst die Berechnung des zur Absicherung erforderlichen Eigenkapitals zu überlassen, durch die Schaffung eigener Risikomodelle. Alle Bestimmungen hinsichtlich Besicherung, Abgrenzung von Finanzierungssegmenten, Ausnahmeregelungen und die berühmten Basel-Formeln werden dann hinfällig sein. Einige Experten erwarten, dass dies für gut aufgestellte Banken zu erheblichen Eigenkapitaleinsparungen führen könnte. Bevor es soweit ist, müssen die existierenden Modelle jedoch noch stark weiterentwickelt werden. Die Diskussion um das von Banken benötigte Eigenkapital wird daher noch für viele Jahre spannend bleiben.

 

Autor: Dr. Gregor Taistra

 

 

 

LITERATUR

1. Krämer-Eis, H. / Taistra, G. (2002): Basel II: Führen die neuen Anforderungen an die Kreditinstitute zu einer Benachteiligung des Mittelstands? Ifo Schnelldienst 3 / 2002, S. 5-8.

2. Taistra, G. / Tiskens, C. / Schmidtchen, M. (2001): Basel II – Auswirkungen auf typische Mittelstandsportfolien, Die Bank 7 / 2001, S. 514-519.

Quelle: kfw