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aktueller Stand und Auswirkungen auf die Mittelstandsfinanzierung

 

Inhalt:

Seite 1      • Grundkonzept von Basel II
Seite 2      • Entwicklung von Basel II seit Januar 2001
Seite 3-4   • Aktueller Stand von Basel II
Seite 5-8   • Knackpunkte von Basel II
Seite 9      • Auswirkungen von Basel II auf Finanzkonditionen von kmU
Seite 10    • Schlussfolgerungen zu Basel II



Entwicklung von Basel II seit Januar 2001

Das zweite Konsultationspapier des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht vom 16.01.2001 löste in der Öffentlichkeit erheblichen Wirbel aus. Primär eigentlich nur für Fachkreise von Interesse, hat hier erstmals eine bankaufsichtsrechtliche Regelung starke öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen – und das gerade auch in Deutschland, wo man sich insbesondere um mögliche negative Auswirkungen auf die Finanzierung von kmU sorgte. Denn dem Mittelstand wird hierzulande eine größere Bedeutung für Wachstum, Beschäftigung und Investitionen zugemessen als in den meisten anderen Staaten.

Auch international führte das Baseler Papier zu heftigen Diskussionen: Während der bis Mai 2001 andauernden Konsultationsphase gingen 270 Kommentare aus aller Welt, insbesondere von Banken und Bankenverbänden, in Basel ein. Auch die KfW hat eine eigene Stellungnahme verfasst, nicht zuletzt um die Interessen des deutschen Mittelstandes zu vertreten.

Hauptvorwurf an Basel war, im Internen Ratingansatz über das Ziel hinausgeschossen zu sein und somit eine unangemessen starke Verteuerung der Kreditkonditionen – besonders bei Mittelständlern – heraufzubeschwören. Besonders heftig wurde die Mehrbelastung langlaufender Kredite kritisiert. Außerdem sollte z.B. eine Vielzahl in Deutschland banküblicher Sicherheiten keine Anerkennung finden. Darüber hinaus sah Basel II zahlreiche, kumulativ wirkende, Sicherheitszuschläge vor, wie z.B. die Unterlegung der erwarteten Verluste, Aufschläge für mögliche Ratingfehler und die Unterstellung hoher Korrelation von Kreditausfällen.

Die KfW untersuchte bereits im Frühsommer 2001 die Auswirkungen des Baseler Papiers auf ein typisches, gut besichertes Mittelstandsportfolio und kam zum Resultat, dass der neue Baseler Akkord zu stark steigenden Eigenkapitalanforderungen für Mittelständler führen würde – paradoxer Weise gerade auch für den Internen Rating-Ansatz. Spätere Auswirkungsstudien des Baseler Ausschusses kamen zu vergleichbaren Ergebnissen.

Die Deutsche Bundesbank wertete ihre Unternehmensdatenbank aus und quantifizierte die durch Basel zu erwartende zusätzliche Spreizung der Kreditzinsen für Unternehmen unterschiedlicher Größenklassen bei Anwendung des Internen Rating-Ansatzes. Aufgrund schlechterer Durchschnittsratings kleiner Unternehmen ergaben sich Mehrbelastungen für Mittelständler, während (nach Definition der EU) große Unternehmen mit Entlastungen hätten rechnen können. Kurz darauf erstellte der Baseler Ausschuss – in Zusammenarbeit mit 138 Banken aus 25 Ländern – die „Quantitative Impact-Studie 2“ (QIS2). Diese Untersuchung kam ebenfalls zu der Schlussfolgerung, dass die Umsetzung der geplanten Neuregelung zu unerwünschten Resultaten (steigende Eigenkapitalanforderungen für Mittelständler, wenig Anreize für Banken, den Internen Ratingansatz zu wählen) führen würde.

Anschließend begann der Baseler Ausschuss im Spätsommer 2001 damit, an verschiedenen Stellen – insbesondere beim Internen Rating-Ansatz – über Erleichterungen nachzudenken. Ansatzpunkte waren vor allem die erweiterte Anerkennung von Sicherheiten und die Behandlung langlaufender Kredite. Darüberhinaus sollten Diversifikationseffekte in Kreditportfolien stärker berücksichtigt werden – und zwar nicht mehr durch die zuvor vorgeschlagene kontrovers diskutierte „Granularitätsanpassung“, sondern durch niedrigere Anforderungen an „Retailkredite“ (diese umfassen Kredite an Privatpersonen und kleine Unternehmen). Im November 2001 rang sich der Baseler Ausschuss schließlich sogar zu einer deutlichen Reduktion der Benchmark- Eigenkapitalanforderungen durch (aktueller Stand vgl. Grafik 1). Die geplante Anerkennung von Sicherheiten im IRB-Basisansatz wurde ausgeweitet; erstmals wurden auch Sachsicherheiten, wenn auch nur rudimentär, als risikomindernd anerkannt.

Daraufhin ließ die zuvor recht hitzige Diskussion um die Baseler Vorschläge etwas nach und konzentrierte sich auf einige wenige Knackpunkte. Zur Verbesserung der Informationsbasis bei der Diskussion dieser Punkte fanden 2002 zwei weitere Auswirkungsstudien (QIS 2,5 und QIS 3) statt.

Quelle: kfw 



Aktueller Stand von Basel II

Im Vorfeld der jüngsten Baseler Auswirkungsstudie (Quantitative Impact- Studie 3) präzisierte der Baseler Ausschuss seine Vorschläge erheblich, so dass sich nun die endgültige Baseler Regelung, die voraussichtlich ab Anfang 2007 gelten wird, recht deutlich abzeichnet.

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Im Standardansatz, welcher die geringsten Anforderungen an die Banken stellt, hat sich in den vergangenen Monaten nicht mehr viel getan. Nach wie vor entspricht dieser Ansatz im Großen und Ganzen der bisherigen einheitlichen Eigenkapitalanforderung bei Unternehmenskrediten – nur für extern geratete Kreditnehmer wird es nach Bonität differenzierte Anforderungen geben, andernfalls bleibt es grundsätzlich bei der 8%-Unterlegung. Allerdings können im Vergleich zum Status Quo finanzielle Sicherheiten umfassender angerechnet werden, und für kleinere Unternehmen soll analog zu Privatpersonen eine günstigere „Retail-Regelung“ (25% niedrigere Eigenkapitalanforderungen) gelten.

Demgegenüber zeigt sich der revolutionäre Aspekt von Basel II erst beim Internen Ratingansatz. Schon in seiner Basisvariante, dem „Foundation Approach“, benötigen Banken ausgefeilte Ratingsysteme, um die Ausfallwahrscheinlichkeit jedes einzelnen Kreditnehmers prognostizieren zu können. Hohe Anforderungen an die Risikomesssysteme ergeben sich durch das von Basel vorgegebene Minimum einer 5-jährigen Datenhistorie, durch Mindestanforderungen an die Ratingklassen sowie durch Ratingfaktoren, die in die verschiedenen Systeme Eingang finden müssen. Insbesondere die Integration der schwer quantifizierbaren „weichen Faktoren“ (z.B.: „Managementqualität“, Marktpositionierung, Qualität der strategischen Ausrichtung) dürfte hier viele Banken vor große Herausforderungen stellen.

Im fortgeschrittenen Ansatz (Advanced Approach) müssen Banken darüberhinaus auch die schwierige Aufgabe der Schätzung der Verlustschwere („Loss given Default“, LGD) lösen. Dieser Wert steht für den Anteil an der Kreditsumme, der im Falle des Kreditnehmerausfalls für die Bank verloren ist. Primärer Bestimmungsfaktor des LGD ist die Besicherung. Allerdings werden die Banken für den Mehraufwand dieser Schätzung kompensiert: Es entfallen die bei den anderen Ansätzen gültigen Einschränkungen hinsichtlich der anerkannten Sicherheiten. Grundsätzlich kann jede Besicherung zu einer Eigenkapitalersparnis führen, sofern die Bank deren Wirksamkeit anhand langer Datenreihen (mindestens 7 Jahre) nachweisen kann. Besonders vorteilhaft wird sich dies u.a. bei dinglicher Besicherung und bei Bürgschaften / Garantien auswirken. Um zu vermeiden, dass der Advanced Approach eine zu starke Eigenkapitalersparnis zur Folge hat, wird Basel II einen „floor“ vorschreiben: Im ersten Jahr der Einführung darf die Eigenkapitalersparnis einer Bank im Vergleich zur alten Regelung maximal 10% betragen, im 2. Jahr 20%.

Bei beiden Varianten des IRB-Ansatzes werden die Eigenkapitalanforderungen (die „Risikogewichte“) primär von der Ratingeinstufung und dem LGD (der Besicherung) abhängen. Hat sich eine Bank für eine IRB-Variante entschieden, so wird das Finanzierungssegment bzw. die anzuwendende Basel-Formel durch zwei Faktoren bestimmt (vgl. auch Grafik 2):

Quelle: kfw 



Aktueller Stand von Basel II 

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a) Die Eigenschaften des Kapitalnehmers

Beim alten Baseler Akkord wurde hier schon nach den Ausprägungen „Staat“, „Bank“ und „Unternehmen“ unterschieden, wobei die Eigenkapitalanforderungen bei Krediten an Banken und mehr noch an Staaten geringer waren als bei Unternehmen.

Im Internen Ratingansatz von Basel II soll diese institutionelle Unterscheidung keine Rolle mehr spielen – an ihre Stelle tritt nun die Kreditnehmerbonität. Als zweiter Faktor soll, zumindest bei Krediten an Unternehmen, in Zukunft die Unternehmensgröße bzw. das Kreditvolumen berücksichtigt werden. Der Tatsache, dass (viele) kleinvolumige Kredite sehr viel weniger zum Portfoliorisiko einer Bank beitragen als (wenige) großvolumige (Diversifikationseffekt), soll durch die Schaffung eines Retailsegments (in Abgrenzung zu den beiden anderen geplanten Retailsegmenten auch als „Other Retail“ bezeichnet) mit deutlich geringeren Anforderungen an Eigenkapital und Ratingsysteme Rechnung getragen werden. Unternehmen, die diesem Segment zugerechnet werden („Retailunternehmen“) werden dann im Grunde wie Privatpersonen behandelt, die alle zum Retailsegment gehören.

b) Die Eigenschaften der Finanzierung

Im IRB-Ansatz von Basel II wird erstmals konsequent zwischen Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierungen unterschieden. Zwar kann auch bei der Vergabe von Eigenkapital durch Banken (d.h. die Bank geht eine Beteiligung ein) die bei der Kreditvergabe verwendete Formel zur Berechnung der Eigenkapitalunterlegung herangezogen werden, allerdings sind die Input-Parameter anzupassen. So muss prinzipiell eine doppelt so hohe Verlustschwere wie bei Krediten angesetzt werden (90% LGD im Vergleich zu 45% bei unbesicherten, aber nicht nachrangigen, Krediten). Dadurch steigt das zu unterlegende Eigenkapital im gleichen Ausmaß. Zudem erhalten Beteiligungen einen Eigenkapitalaufschlag wie bei Krediten mit maximaler Laufzeit (5 Jahre oder mehr), was die Eigenkapitalfinanzierung zusätzlich belastet. Alternativ könnten Banken den sogenannten „Marktansatz“ wählen und das Eigenkapital mittels eines internen Modells berechnen – jedoch gelten auch hier recht hohe Mindestanforderungen. Allerdings wird Basel II die Förderungswürdigkeit bestimmter Eigenkapitalfinanzierungen als Kriterium für verringerte Anforderungen anerkennen: Wird eine Finanzierung durch ein staatliches Programm gefördert, wird es (innerhalb bestimmter Grenzen) zu keiner erhöhten Eigenkapitalbelastung der finanzierenden Bank kommen.

Beim Kreditsegment wird (zumindest in der Basisversion des IRB-Ansatzes) die Variante Spezialfinanzierungen (Specialized Lending; Unterarten Projektfinanzierungen und Objektfinanzierungen) vom Unternehmenskredit unterschieden. Dieses Segment ist tendenziell risikoreicher, weil die Bedienung der Verbindlichkeiten vom Projektverlauf und weniger von den beteiligten Unternehmen abhängt. In dieses Segment fällt beispielsweise die Finanzierung von Kraftwerken und anderer Infrastruktur, die Finanzierung von zu veräußernden oder zu vermietenden Immobilien sowie die Finanzierung von Schiffen und Flugzeugen. Ist eine Bank im Basisansatz nicht in der Lage, die Ausfallwahrscheinlichkeit solcher Kredite zu schätzen, so wird eine (vergleichsweise hohe) Eigenkapitalanforderung anhand vorgegebener Tabellen bestimmt. Für Banken, die Ausfallwahrscheinlichkeiten oder sogar LGDs selbst schätzen können, entspricht die Behandlung der „normaler“ Unternehmenskredite.

Die Laufzeit einer Finanzierung stellt ein wichtiges Risikokriterium mit Einfluss auf das vorzuhaltende Eigenkapital dar. Denn je länger sich eine Bank per Darlehensvertrag an einen Kreditnehmer bindet, umso größer ist das Risiko von unerwartet hohen Wertschwankungen der Forderung bis hin zum Forderungsausfall – selbst wenn man wie der Baseler Ausschuss auf einen einjährigen Zeithorizont fokussiert. Ursprünglich wollte das Baseler Komitee die Laufzeit nur bei Krediten im fortgeschrittenen IRB-Ansatz berücksichtigen, nach den jüngsten Vorschlägen können sich nationale Bankenaufsichten aber auch für eine explizite Laufzeitanpassung bereits im IRB-Basisansatz entscheiden. Die endgültige „Baseler Formel“ wird auf einer Standardlaufzeit von 2,5 Jahren aufbauen, so dass Kredite mit höherer effektiver Restlaufzeit einer Eigenkapital- Mehrbelastung unterliegen, während kürzere Laufzeiten von einem Abschlag profitieren. Auch Eigenkapitalfinanzierungen sollen, unabhängig von der gewählten IRB-Variante, von der Laufzeitadjustierung betroffen sein – hier soll der Maximumwert (5 Jahre) angenommen werden, was zu einer weiteren Schlechterstellung von Beteiligungen im Vergleich zu Krediten führt.

Quelle: kfw 


 

Knackpunkte von Basel II

Auch wenn sich an den vorliegenden Vorschlägen zu Basel II voraussichtlich nichts grundlegendes mehr ändern wird, so gibt es doch einige Aspekte, die bis zum Schluss stark diskutiert wurden und bei denen es im Detail durchaus noch zu Anpassungen kommen kann. Hierbei handelt es sich insbesondere um das Retailsegment, die Eigenkapitalfinanzierungen, die Laufzeitanpassung sowie die Nutzung nationaler Spielräume durch die jeweiligen Bankenaufsichten.

1. Die Behandlung von Retailkrediten und kmU

Unter „Retailgeschäft“ wurde in der Vergangenheit im Kreditgewerbe vor allem die kleinteilige und weitgehend standardisierte Kreditvergabe an Privatpersonen verstanden. Da die Wahrscheinlichkeit eines gleichzeitigen Ausfalls sehr vieler Schuldner gering ist, wird relativ wenig Eigenkapital zur Absicherung dieser Kredite benötigt. Schon zu einem recht frühen Zeitpunkt der Basel II-Diskussion erklärte sich der Ausschuss dazu bereit, eine Retailregelung im IRB-Ansatz (einheitlich für den Basis- und den fortgeschrittenen Ansatz) analog auch für kleine Unternehmen (bzw. kleine Unternehmenskredite) anzubieten.

Allerdings gingen die Interessen der verschiedenen Verhandlungsdelegationen recht weit auseinander, wobei sich insbesondere die deutsche Seite für großzügige Regelungen zugunsten des Mittelstandes einsetzte. Neben der Frage, wie hoch die Eigenkapitalentlastung im Vergleich zu Unternehmenskrediten ausfallen soll (Ausgestaltung der Risikogewichtungskurve), stellte sich vor allem das Problem der Abgrenzung des Retailsektors. Inzwischen zeichnen sich drei Bedingungen ab, die additiv erfüllt werden müssen:

1. Die Behandlung der Kredite durch die Banken selbst (der sogenannte „Use Test“): Nur Unternehmenskredite, die von Banken auch als Retail behandelt werden (d.h. die anders als Kredite an größere Unternehmen stark standardisiert und automatisiert bearbeitet werden), können als Retail eingestuft werden.

2. Als Retailkredit gilt nur ein Kreditvolumen von einer Million € (konsolidiert, d.h. ein Unternehmen bei einer Bank).

3. Für die Anerkennung als Retailunternehmen wird möglicherweise zusätzlich eine größenbezogene Grenze gelten. Als Arbeitshypothese wird seitens der deutschen Bankenaufsicht z.Zt. eine Jahresumsatzgrenze von 5 Mio. € angenommen.

Die beiden quantitativen Bedingungen erlauben eine recht umfassende Einbeziehung mittelständischer Unternehmen in das Retailsegment – die meisten Unternehmen dürften unterhalb der genannten Grenzwerte liegen. Inwiefern der „Use Test“ hier eine gravierende Einschränkung darstellen könnte, wird erst die Praxis zeigen.

Der Entlastungseffekt bei „Other Retail“ im Vergleich zum Unternehmenssektor variiert nach Ratingklasse und liegt im Durchschnitt bei etwa 50% (vgl. Grafik 3).

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Neben „Other Retail“ soll es im IRB-Ansatz zwei weitere Retailsegmente geben. Für private Immobilienkredite ist eine eigene Retailkurve mit höheren Anforderungen geplant, was mit der größeren Abhängigkeit der Kredite von der (Immobilien-) Marktentwicklung begründet wird. Zusätzlich soll es (auf amerikanischen Wunsch) eine weitere, besonders günstige Kurve für revolvierende Darlehen bis 100.000 US$ geben, die insbesondere zu einer Entlastung von Kreditkartenforderungen führen dürfte. Die Besserstellung gegenüber „Other Retail“ beträgt c.p. etwa ein Drittel.

Die Vorteile des Retailsegments für Banken und Kreditnehmer beschränken sich allerdings nicht auf die Eigenkapitalanforderungen. Eine bedeutende Kosteneinsparung wird sich auch dadurch ergeben, dass – auch bei Unternehmen – kein umfassendes Bonitätsrating („Vollrating“) verlangt wird. Stattdessen wird es ausreichen, die Kreditnehmer bestimmten „Risikokörben“ zuzuteilen und Ausfallwahrscheinlichkeit sowie LGD nur für einen Korb insgesamt zu schätzen. Jedoch müssen für diese Berechnung und die Zuteilung zu Risikoklassen Bestimmungsfaktoren der Kreditnehmerbonität, der Verzugsstatus sowie transaktionsspezifische Informationen (z.B. beantragtes Kreditprogramm oder Besicherung) berücksichtigt werden, so dass auch hier auf die Risikomessung nicht vollständig verzichtet werden kann.

Im Standardansatz soll es einen einfachen, ratingunabhängigen Retailansatz für Privatpersonen und kleine Unternehmen geben, bei dem eine einheitliche Kapitalentlastung von 25% gewährt wird.

Die jüngste Entwicklung in der Basel II-Diskussion rund um die kmU stellt das sogenannte Mittelstandssegment dar, von dem im zweiten Konsultationspapier (Januar 2001) noch keine Rede war. Damit die Eigenkapitalanforderungen beim Übergang vom Retail- zum Unternehmenssegment im IRB-Ansatz nicht zu abrupt ansteigen, soll es Entlastungen für Mittelständler (mit einem Umsatz bis 50 Mio. €) geben, die sich nicht für das Retailsegment qualifizieren können. Die Entlastung gegenüber dem Unternehmenssegment soll maximal 20% betragen und mit steigender Unternehmensgröße abnehmen (angestrebter Durchschnittswert 10%). Bei den Anforderungen an das interne Rating gelten jedoch dieselben Anforderungen wie bei größeren Unternehmen.

Insgesamt scheinen die Baseler Vorschläge zur Behandlung von Krediten an Mittelständler inzwischen recht ausgewogen zu sein, auch wenn es in einzelnen Fällen durchaus zu erheblichen Mehrbelastungen im Vergleich zum Status Quo kommen kann.

Quelle: kfw 



Knackpunkte von Basel II 


2. Die Behandlung von Eigenkapitalfinanzierungen

Für Unternehmen mit schlechtem Rating wird Basel II – trotz Abfederung durch das Retail- und das Mittelstandssegment – tendenziell eine Kreditverteuerung zur Folge haben. Es kann sich daher im Einzelfall lohnen, neben dem Bankkredit alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen. Allerdings erreichen nur wenige Unternehmen die kritische Größe für einen Gang an den Kapitalmarkt (Begebung von Unternehmensanleihen / Börsengang).

Daher wird die Hereinnahme von Eigenkapital von neuen Anteilseignern durch Basel II interessanter. Zudem ist Eigenkapital primärer Risikoträger, so dass bei den meisten Ratingverfahren die Einstufung stark von der Eigenkapitalquote des Unternehmens abhängt. Die Stärkung der Eigenkapitalquote kann somit auch zu einer Verbesserung der Kredit-Finanzierungskonditionen von Unternehmen beitragen.

Ein Problem kann sich immer dann ergeben, wenn der (potenzielle) Eigenkapitalgeber eine Bank oder Bankentochter ist und somit den Regelungen von Basel II unterliegt. Da Eigenkapital aus den genannten Gründen für den Kapitalgeber risikoreicher ist, verlangt Basel II im IRB-Ansatz anders als nach dem derzeit noch gültigen System eine höhere Unterlegung durch eigene Mittel – mit dem Resultat steigender Finanzierungskosten. Eine ausgewogene Ausgestaltung der Behandlung von Eigenkapitalfinanzierungen ist daher besonders wichtig.

Nach den derzeitigen Vorschlägen von Basel II scheinen die Anforderungen an Eigenkapitalfinanzierungen recht restriktiv zu sein. Es werden zwei grundsätzlich verschiedene Berechnungsverfahren diskutiert, wobei in keinem Fall eine Unterscheidung nach Basis- oder fortgeschrittener Variante des IRBAnsatzes erfolgt: Im marktbasierten Ansatz können Institute das erforderliche Eigenkapital mittels eigener Risikomodelle schätzen; falls ein Institut dazu nicht in der Lage ist, kommen fixe Eigenkapitalanforderungen von 24% bzw. 32% zum Tragen. Als minimale Anforderungen für interne Modelle sind 16% bzw. 24% vorgesehen. Hierbei gilt der jeweils niedrigere Satz nur für Investitionen in börsennotierte Unternehmen („public equity“). Im – von deutscher Seite bevorzugten – Ratingansatz („PD/LGD-Ansatz“) werden die Anforderungen anhand der Ratingeinstufung und der vom Unternehmenskredit her bekannten Risikogewichtungsfunktion hergeleitet, wobei ebenfalls Minimum- Anforderungen von 16% bzw. 24% zum Tragen kommen.

Abgesehen von den genannten „floors“ führen im Ratingansatz noch weitere Faktoren zu deutlich höheren Kapitalanforderungen als bei Krediten (vgl. Grafik 4):

- Der LGD, der bei unbesicherten Krediten im IRB-Basisansatz auf 45% festgelegt wurde (und der durch Besicherung reduziert werden kann), soll bei Equity auf 90% normiert werden. Alleine hierdurch entsprechen die Eigenkapitalanforderungen bei Equity mindestens dem doppelten Wert im Vergleich zu Krediten.

- Es sollen stets die maximalen (5-Jahres) Laufzeitaufschläge angewandt werden (selbst wenn es sich beim Kapitalgeber um eine Bank handelt, die bei Krediten keine Laufzeitadjustierung vornehmen muss).

- In bestimmten Fällen (Bank hat nur unzureichende Informationen zum Kapitalnehmer) wird die Eigenkapitalanforderung nochmals um den Faktor 1,5 erhöht.

- Bei der Eigenkapitalvergabe an kleine Unternehmen bzw. bei niedrigem Finanzierungsvolumen ist bei der Eigenkapitalfinanzierung keine Retailregelung vorgesehen, selbst wenn die Bank das Geschäft entsprechend behandelt.

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Zusammengenommen führen diese Faktoren dazu, dass die Eigenkapitalanforderungen bei Beteiligungen in der Regel ein Vielfaches im Vergleich zu (Retail-) Krediten betragen (maximale Differenz ca. Faktor 60 bei den besten Bonitäten). Zwar gilt dieser Zusammenhang nur, falls die Finanzierungsmittel aus dem Bankensektor stammen. Ein Rückzug der Banken aus dem Beteiligungsgeschäft kann aber schon deshalb nicht wünschenswert sein, weil von den Banken ein wichtiger Anschubeffekt für den noch recht jungen Beteiligungsmarkt ausgeht. Auch zeigt sich bei der Behandlung von Beteiligungen eine besonders große Diskrepanz zwischen Standard- und IRB-Ansatz: Für Banken mit sehr großem Beteiligungsgeschäft ergibt sich ein starker Anreiz, beim Standardansatz (Anforderung 8%, nationale Aufsicht kann auch 12% bestimmen) zu verbleiben.

Immerhin sind – vorbehaltlich der Zustimmung und Ausgestaltung durch die nationalen Aufsichtsbehörden – einige Regelungen vorgesehen, die übermäßig hohen Anforderungen an Beteiligungen im IRB-Ansatz entgegenwirken können:

1. Gemäß der „Materialitätsgrenze“ können IRB-Banken, deren Beteiligungsportfolio 10% des Eigenkapitals nicht überschreitet, nach dem Standardansatz unterlegen. Institute, die oberhalb dieser Schwelle liegen, werden dann mit ihrem gesamten Beteiligungsportfolio gemäß den IRBRegelungen für Equity behandelt.

2. Es ist ein Bestandsschutz von 10 Jahren für (zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Basel II) bestehende Engagements geplant: Diese können in diesem Zeitraum noch nach dem Standardansatz unterlegt werden.

3. Beteiligungsfinanzierungen im Rahmen nationaler Förderprogramme (wie sie auch von der KfW aufgelegt werden) sollen bis zu einer Grenze von 10% des Eigenkapitals der Bank ausgenommen und nach dem Standardansatz behandelt werden. Es ist vorgesehen, dass diese Freistellung additiv mit der Bestandsschutzregelung zusammenwirkt, d.h. Engagements, die unter Bestandsschutz fallen, müssen nicht auf das 10%-Limit der Förderprogramme angerechnet werden.

Reduzierte Anforderungen an kleine Engagements analog zur Retailregelung bei Krediten wurden in Basel zwar diskutiert, aber bislang nicht umgesetzt. Da – gerade im Segment Venture Capital – Beteiligungen oftmals ein relativ geringes Volumen haben und auch häufig kleinen (Start Up) Unternehmen zugute kommen, werden wie im Kleinkreditgeschäft Diversifikationsvorteile generiert, die entsprechend der Logik des Retailansatzes eigentlich eigenkapitalmindernd berücksichtigt werden könnten.

Quelle: kfw 


 

Knackpunkte von Basel II 

 

3. Die Behandlung der Restlaufzeit

Die von Basel geplante Adjustierung der Eigenkapitalanforderungen nach „effektiver Restlaufzeit“ gehörte von Anfang an zu den strittigsten Punkten des Konsultationspapiers, obwohl sie nur für den fortgeschrittenen IRB-Ansatz vorgesehen war.

Besonders von deutscher Seite wurden nachteilige Effekte für die bewährte „Kultur der langfristigen Unternehmensfinanzierung“ befürchtet. Tatsächlich ließen sich Extrembeispiele finden, bei denen die Laufzeitanpassung zu einer Versechsfachung der Eigenkapitalanforderungen führen konnte.

Nach den jüngsten Vorschlägen aus Basel soll die zuvor diskutierte Abmilderung der Laufzeitfaktoren – über die Begrenzung der maximal anzurechnenden Laufzeit auf 5 anstelle von 7 Jahren hinaus – wohl doch nicht kommen. Die mit recht hohen Anpassungsfaktoren verbundene Marktwertmethode („Mark to Market-Methode“) hat sich in Basel durchgesetzt und wurde darüberhinaus mit der Verringerung der Basislaufzeit von 3 auf 2,5 Jahre sogar noch etwas verschärft (vgl. Tabelle 1). Adjustiert wird in einem Laufzeitband von 1 bis 5 Jahren (dies ergibt einen Faktor von maximal 3,4, um den ein fünfjähriger Kredit höher zu gewichten wäre als ein einjähriger Kredit).

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Immerhin soll aber ein nationales „Wahlrecht zur expliziten Laufzeitanpassung“ eingeführt werden: Die Aufsichtsbehörde soll für den fortgeschrittenen IRB-Ansatz und den Basisansatz bestimmen können, ob alle Institute (explizite) Laufzeitzu- oder -abschläge verwenden müssen oder ob einheitlich 2,5 Jahre Laufzeit anzusetzen sind („implizite“ Adjustierung). Im fortgeschrittenen Ansatz gilt dies jedoch nur für Kredite an Unternehmen bis 500 Mio. € Jahresumsatz bzw. Bilanzsumme; übersteigt einer der beiden Werte die 500 Mio. €- Grenze, muss eine Laufzeitadjustierung stattfinden. Die deutsche Aufsicht hat bereits erklärt, sich in beiden Ansätzen für die implizite Laufzeitberücksichtigung zu entscheiden, d. h. für eine einheitliche Anwendung der Basislaufzeit von 2,5 Jahren. Im Basisansatz blieben somit alle Kredite von einer gesonderten Laufzeitanrechnung verschont, im fortgeschrittenen Ansatz zumindest diejenigen Kredite an Unternehmen bis zur festgelegten Höchstgrenze.

Auch wenn nunmehr die langfristige Kreditfinanzierung nicht mehr durch verbindliche Laufzeitaufschläge gefährdet zu sein scheint, verbleiben zumindest zwei Kritikpunkte am aktuellen Vorschlag: 1. ergibt sich tendenziell ein Wettbewerbsvorteil für Staaten mit überwiegend kurzfristigen Finanzierungsstrukturen, bei denen die Laufzeitdifferenzierung umgesetzt wird, und 2. wirkt sich die Laufzeitanpassung verschärfend auf Eigenkapitalfinanzierungen aus. Hier kommen die 5-Jahresfaktoren zur Anwendung, was zu einer Erhöhung der Kapitalanforderungen um bis zu 79% führen kann.

Quelle: kfw 



Knackpunkte von Basel II 


4. Die Nutzung von Gestaltungsspielräumen durch die nationale Bankenaufsicht

Ein Punkt, der bislang weniger als andere Knackpunkte in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, aber in Zukunft von großer Bedeutung sein wird, ist die Nutzung von Gestaltungsspielräumen durch die jeweilige Bankenaufsicht eines Landes. Basel II kann nicht jeden Spezialfall im Bankgeschäft regeln, zumal viele Spezifika auch nur auf nationaler Ebene existieren. Mittels „Discretion“ sollen also nationale Besonderheiten dort subsidiär entschieden werden, wo auch das entsprechende Wissen und die Erfahrung konzentriert sind. Auf der anderen Seite besteht sicherlich die Gefahr, dass dieses Instrument in einigen Fällen (wo man sich in Basel nicht einig werden kann) als bequemer Ausweg eingesetzt wird – einfach durch Verlagerung von Entscheidungen auf die nationale Ebene. Die deutsche Bankenaufsicht wird ihre Freiräume voraussichtlich in einigen Fällen zugunsten relativ milder Regelungen nutzen – was aufgrund der kontroversen Diskussion hierzulande auch nicht weiter verwundert.

So will die Aufsicht beispielsweise im Standardansatz darauf verzichten, die EK-Anforderungen für extern ungeratete Kredite sowie für „sonstige Vermögensgegenstände“ (dies betrifft z.B. das Anlagevermögen) über 8% hinaus anzuheben. Auch soll die Sonderregelung, die für gewerbliche Immobilienkredite eine 4%-Unterlegung ermöglicht, angewandt werden. Auf der anderen Seite wird die Aufsicht voraussichtlich keinen Gebrauch von der Option machen, externe Ratings, die ohne Auftrag des betroffenen Unternehmens erstellt worden sind („Unsolicited Ratings“) anzuerkennen.

Noch stärker als im Standardansatz wirken sich die Gestaltungsspielräume im IRB-Ansatz aus. Ein in Basel stark diskutiertes Problem ist der sogenannte „Partial Use“. Der Begriff steht für die Freiheit von Banken, die sich grundsätzlich für den IRB-Ansatz entschieden haben (etwa mit Blick auf die vorteilhafte Regelung bei Retailkrediten), für Teile ihres Portfolios (z.B. der Beteiligungsfinanzierung) beim Standardansatz zu bleiben. Das Baseler Komitee hat sich gegen eine umfassende Zulassung des Partial Use entschieden. Lediglich für einen begrenzten Zeitraum werden Banken Teile des Portfolios vom IRB Ansatz ausnehmen können, eine rasche Ausweitung auf das Gesamtgeschäft ist anzustreben. Eine Ausnahme stellen „immaterielle“, d.h. unbedeutende Geschäftszweige dar, die „nach nationalem Ermessen“ vom internen Ratingansatz ausgenommen werden können. Gemäß Absichtserklärungen der Bankenaufsicht wird dies auch in Deutschland möglich sein – aus Sicht der Problematik „Eigenkapitalfinanzierung“ ist dies besonders zu begrüßen. Weiterhin sollen im Beteiligungsgeschäft die Ausnahmeregeln für nationale Förderprogramme ebenso wie der Bestandsschutz zur Anwendung kommen.

Hinsichtlich der Laufzeitdifferenzierung wird sich Deutschland für die „implizite“ Anrechnung entscheiden – eine gute Nachricht aus Sicht der langfristigen Unternehmensfinanzierung.

Quelle: kfw 



Auswirkungen von Basel II auf Finanzierungskonditionen von kmU

Unter der Annahme, dass bei Banken Eigenkapital ein knapper Faktor ist, dessen Menge auf das bankaufsichtsrechtlich fixierte Minimum beschränkt wird, lassen sich die Auswirkungen einer veränderten Eigenkapitalunterlegung auf die Finanzierungskonditionen approximieren.

Liegen die Eigenkapitalkosten beispielsweise um 15% höher als die Fremdkapitalkosten einer Bank (die „Netto-Eigenkapitalkosten“), so führt jeder Prozentpunkt mehr an Eigenkapital zu einer Erhöhung der Refinanzierungskosten um 0,15%. Eine Erhöhung der EK-Anforderung von 8% auf 12% brächte so Mehrkosten von 0,6% mit sich, die voraussichtlich auf den Kreditnehmer überwälzt würden.

Im Standardansatz würde sich für einen unbesicherten Unternehmenskredit ohne externes Rating (Kapitalanforderung 8%) daher nichts ändern, eine Zuordnung zum Retailsegment (Kapitalanforderung 6%) führte jedoch zu einer Kostenersparnis (und möglicher Reduktion des Zinssatzes) um 0,3%. Letzteres dürfte für vergleichsweise viele Mittelständler, deren Bank nicht gleich den IRB-Ansatz anwendet, zum Tragen kommen.

Im Internen Ratingansatz kommt es auf die Ratingeinstufung durch die kapitalgebende Bank an. Unter einfachen Annahmen (Netto-Eigenkapitalkosten bezogen auf Kern- und Ergänzungskapital 15%; unbesicherter, aber nicht nachrangiger Kredit; Laufzeitanpassung kommt bei Krediten nicht zum Tragen; Mehrkosten der Absicherung operationaler Risiken werden nicht auf Kreditkosten umgelegt), lassen sich die unmittelbaren Auswirkungen von Basel II auf die Finanzierungskonditionen für die einzelnen Ratingklassen abschätzen.

Bei der Kreditfinanzierung stellt sich das Resultat recht ausgewogen dar: Erst ab der Ratingklasse BB- und schlechter ist eine Erhöhung der Kreditzinsen durch Basel II zu befürchten. Für Unternehmen im Retailsegment gilt dies sogar nur für die Ratingklassen B- und CCC, während für bessere Bonitäten Zinsentlastungen von bis zu 1,1% (Rückgang der Eigenkapitalkosten von 1,2% auf 0,1%) zu erwarten sind. Falls (durch Basel anerkannte) Besicherung vorhanden ist, verschieben sich diese Grenzen weiter zugunsten der Unternehmen.

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Natürlich lassen sich diese Zahlen nur als grobe Tendenzaussage und nicht als Prognose interpretieren. Sie stellen nur einen Teil der gesamten Auswirkungen von Basel II dar: Ein bedeutender indirekter Effekt von Basel II liegt sicherlich darin, dass verbesserte oder neuentwickelte Ratingsysteme den Banken eine genauere Kalkulation der Risikoprämien ermöglichen. Die hierdurch erzeugte zusätzliche Spreizung der Kreditkonditionen wird sich vermutlich in vielen Fällen wesentlich stärker als die direkten Folgen von Basel II (Differenzierung der Eigenkapitalkosten) auswirken.

Auch ist nicht auszuschließen, dass die Kosten der Einführung und Anwendung neuer, „baseltauglicher“ Ratingsysteme auf die Kreditzinsen umgelegt werden. Inwiefern Banken die durch Basel II neu hinzukommende Eigenkapitalunterlegung „operationaler Risiken“ (angestrebtes Volumen durchschnittlich 12% der bisherigen EK-Anforderung von 8%) auf die Kreditkosten überwälzen werden, ist auch noch nicht vorhersehbar.

Im Vergleich zur Kreditfinanzierung stellen sich die Auswirkungen von Basel II (sofern nicht einer der genannten Ausnahmetatbestände greift) auf bankfinanzierte Unternehmensbeteiligungen recht gravierend dar. Aufgrund der genannten „floors“ kommt es in praktisch jedem Fall zu einer erheblichen Mehrbelastung mit Eigenkapital, und dies nicht nur bei schlechter Ratingeinstufung des Kapitalnehmers. Dies könnte insbesondere für junge Unternehmen und Neugründungen zum Problem werden. Auch im Marktansatz, der von den Unternehmensratings unabhängig ist, käme es in jedem Fall zu einem Mehrbedarf an Eigenkapital.

Eine häufig gestellte Frage bezieht sich auf die Auswirkungen von Basel II auf kleine Unternehmen. Die Bundesbank veröffentlichte die Information, dass die Gruppe der kleinen Unternehmen in Ihrer Unternehmensdatenbank (gemäß dem Bundesbank-Ratingverfahren) eine durchschnittliche Einjahres- Ausfallwahrscheinlichkeit von 2% hat, während mittelgroße Unternehmen auf 1,3% und große Unternehmen auf 0,2% kommen.

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So läßt sich die erwartete, durch Basel II verursachte, zusätzliche Konditionenspreizung („Spread“) bei Krediten berechnen (vgl. Tabelle 3). Hieraus ergibt sich eine zu erwartende zusätzliche Spreizung des Spreads zwischen durchschnittlichen großen und durchschnittlichen kleinen Unternehmen von 0,98%, die sich aus einer Mehrbelastung von 0,32% bei kleinen und einer Entlastung von 0,66% bei großen Unternehmen zusammensetzt. Das Resultat ändert sich erheblich, wenn man die plausible Annahme trifft, dass das kleine Unternehmen dem Retailsegment zuzurechnen ist. In diesem Fall errechnet sich hier eine Entlastung von 0,37% – der Spread würde lediglich um 0,29% zunehmen.

Quelle: kfw 



Schlussfolgerungen zu Basel II

Das für den Mai 2003 geplante dritte Konsultationspapier wird der endgültigen Baseler Regelung schon sehr nahe kommen, auch wenn in der sich anschließenden dreimonatigen Konsultationsphase noch Änderungsvorschläge gemacht werden können. Die Endfassung des neuen Akkords soll schließlich im Oktober 2003 veröffentlicht werden. Für Anfang 2004 wird der Richtlinienentwurf der EU-Kommission erwartet, anhand dessen die Umsetzung in europäisches Recht angestrebt wird. Im Januar 2006 soll für IRB-Banken die einjährige Übergangsphase beginnen, während der schon nach den neuen Regeln gerechnet wird, auch wenn die tatsächliche Eigenkapitalunterlegung noch nach dem alten Akkord erfolgt. Zu Beginn 2007 soll Basel II dann in Kraft treten.

Änderungen der derzeitigen Vorschläge sind am ehesten im Bereich der Feinsteuerung der Baseler IRB-Formeln zu erwarten, Präzisierungen bei den verschiedenen Sonderregeln (wie Partial Use oder den Ausnahmeregeln zugunsten von Hypothekarkrediten) und bei der Ausgestaltung der „National Discretion“ durch die nationalen Bankenaufseher. Eine endgültige Beurteilung der Baseler Regelungen ist daher derzeit noch nicht möglich. Es ist aber absehbar, dass sich die unmittelbaren Auswirkungen für den Großteil der kreditsuchenden Unternehmen in einem akzeptablen Rahmen bewegen werden (während die Folgen der sich abzeichnenden neuen „Ratingkultur“ wohl kaum hoch genug eingeschätzt werden können). Etwas kritischer müssen die recht restriktiven Vorschläge zur Behandlung von Eigenkapitalfinanzierungen gesehen werden. Hier könnte eine Retailregelung analog zur Vorgehensweise bei Unternehmenskrediten hilfreich sein.

Letztlich werden sich die Auswirkungen von Basel II aber erst auf lange Sicht zeigen, denn diese hängen nicht nur von den Regelungen selbst ab, sondern insbesondere auch von den Anpassungsreaktionen der Beteiligten. Wie werden die nationalen Bankenaufseher mit den Regeln umgehen? Wie werden die Banken ihre Risikosteuerung ausgestalten, und für welchen der Baseler Ansätze werden sie sich entscheiden? Hier ist davon auszugehen, dass sich interne Ratingverfahren (und mit ihnen der Baseler IRB-Ansatz) auf Dauer durchsetzen werden, denn eine möglichst genaue Risikomessung und Portfoliostrukturierung liegt im unmittelbaren Bankeninteresse. Aus diesem Grund wäre es auch falsch, den Trend zu größerer Risikosensitivität der Kapitalmärkte (differenziertere Risikoprämien) alleine auf Basel II zurückzuführen – ein zunehmendes Risikobewusstsein von Banken und Anlegern sowie fortschrittlichere Risikomessmethoden haben diese Tendenz schon vor einiger Zeit angestoßen.

Diese Entwicklung wird auch für die Unternehmen von großer Bedeutung sein, denn deren Bonität wird sich in Zukunft noch stärker auf ihre Finanzierungskonditionen auswirken. Hierfür wird es nicht nur erforderlich sein, akzeptable Bilanzzahlen (welche eigentlich nur eine vergangenheitsorientierte Beurteilung eines Unternehmens zulassen) vorzulegen und z.B. die Eigenkapitalquote zu erhöhen. Insbesondere wird auch das unternehmerische Konzept für die Zukunft stimmen müssen – die strategische Ausrichtung, das Controlling und Perspektiven für anstehende Nachfolgefragen spielen hier eine Rolle. In einigen Fällen wird es für Unternehmer sinnvoll sein, sich neuen Eigenkapitalgebern zu öffnen und diesen dann auch die Möglichkeit der Partizipation an der Unternehmenssteuerung zu geben.

Nicht zuletzt kann die Unternehmensförderung wie die der KfW dazu beitragen, den Übergang zu Basel II für (mittelständische) Unternehmen abzufedern. Die Förderung der Kreditfinanzierung wird hierbei weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Dabei wird in Zukunft noch stärker als bereits in der Vergangenheit Wert auf Marktkonformität (das heißt auch: risikogerechte Konditionen) und schlanke Bearbeitungsprozesse (Automatisierung und Standardisierung) gelegt werden. Auch wird die von der KfW für Deutschland angeschobene Verbriefung von Mittelstandskrediten die Gewährung von Krediten an kmU für Banken attraktiver machen, weil so die Banken Kreditrisiken nicht unbedingt in ihren Büchern belassen müssen, sondern sie am Kapitalmarkt platzieren können. Immer wichtiger wird in Zukunft auch die Förderung von Unternehmensbeteiligungen sein. Hierdurch soll die Verbesserung der Eigenkapitalquoten bei Mittelständler unterstützt werden.

Fachkreisen wird heute bereits von Basel III gesprochen. Als Fernziel gilt es, den Banken selbst die Berechnung des zur Absicherung erforderlichen Eigenkapitals zu überlassen, durch die Schaffung eigener Risikomodelle. Alle Bestimmungen hinsichtlich Besicherung, Abgrenzung von Finanzierungssegmenten, Ausnahmeregelungen und die berühmten Basel-Formeln werden dann hinfällig sein. Einige Experten erwarten, dass dies für gut aufgestellte Banken zu erheblichen Eigenkapitaleinsparungen führen könnte. Bevor es soweit ist, müssen die existierenden Modelle jedoch noch stark weiterentwickelt werden. Die Diskussion um das von Banken benötigte Eigenkapital wird daher noch für viele Jahre spannend bleiben.

 

Autor: Dr. Gregor Taistra

 

 

 

LITERATUR

1. Krämer-Eis, H. / Taistra, G. (2002): Basel II: Führen die neuen Anforderungen an die Kreditinstitute zu einer Benachteiligung des Mittelstands? Ifo Schnelldienst 3 / 2002, S. 5-8.

2. Taistra, G. / Tiskens, C. / Schmidtchen, M. (2001): Basel II – Auswirkungen auf typische Mittelstandsportfolien, Die Bank 7 / 2001, S. 514-519.

Quelle: kfw